Maltechnik: Akryl versus Öl - Atelier, Maltechnik: Glaspalette, Reibeplatte und Glasläufer.

Keine Geheimnisse

Maltechnik ist, wie alle handwerklichen Techniken, serielle Anwendung normativer Verfahrensregeln. Imme wieder auftauchende Behauptungen zu: mystischen Geheimnissen in der Malerei, über sagenhafte Farben aus dem Orient, der Provenienz edler kaltgeschlagener Naturöle, alchimistisch aufbereiteter Essenzen, oder notwendiger, heute leider nicht mehr zu erlangende Weihen etc. pp, sind Unsinn.

Akrylatdispersionen

Heute wird Akrylfarbe in weiten Bereichen der Kunst eingesetzt. Ihr werden viele Vorteile zugebilligt. Aber ganz emissionsfrei, wie die Verwendung von Wasser als Verdünnungsmittel evoziert, ist sie nicht: Der bekannte Ammoniakgeruch trocknender Akrylfarbe beweist das Gegenteil. Akrylfarbe trocknet physikalisch. Im Verdünnungsmittelgemisch liegen Akrylatketten als feste Stoffe dispergiert vor. Durch verdunsten des Verdünnungsmittels Wasser fließen die langkettigen Fadenmolekühle der Akrylate zusammen, die daraufhin durch die Atombindungskräfte untereinenader zu einem unlösbaren Kunststoff-Film kalt verschweißen und damit die eingebetteten Farbpigmente auf dem Malgrund festkleben. Damit einhergehend ist eine leichte Schrumpfung dickerer Farbaufträge zu beobachten. Akrylfarbe zeigt den Pinselstrich daher weniger gut als kurze Ölfarbe, bei der man in der Regel in pastosen Farbschichten die Pinselspur deutlich sehen kann.

Hauptvorteil der Akrylfarbfilme ist ihre exobitante Rißdehnung von bis zu 600 % (!). Aufrollen von Gemälden auf Leinwand oder die Bemalung von Kunstobjekten aus unterschiedlichsten Werkstoffen ist meist problemfrei möglich, selbst auf Glas oder Polycarbonat-Plattenmaterial haftet der Farbfilm stabil. Auch Secco-Wandmalerei auf Kalkputzen lässt sich mit den passenden Akrylat-Werkstoffen realisieren.

Es gibt vieler Hersteller guter und bester Acrylatdispersionen für alle Anwendungsfälle. KREMER z. B. bietet eine fachlich hochwertige Auswahl und Fachberatung dazu an. Beim Kauf fertig angeriebener Akrylfarben ist auf möglichst hohe Pigmentkonzentration zu achten. SCHMINCKE und LASCAUX stellen sehr gute Akrylfarben her.  

Anmutung der Akryl-Farbfilme

Selbst modernste Pigmente vermögen der Akrylfarbe nicht die Farbbrillianz zu geben, wie sie Ölfarben aufweisen. Die schnelle Trocknung, von vielen als Vorteil gesehen, erlaubt nicht die feinsten Abstufungen in den Farbmischungen zu suchen, wie sie für subtile Farbgebungen wünschenswert sind. Durch viele Lasuren wird die Akrylfarbe stumpf; ein direktes malen pastoser Schichten ist möglich, aber ein anmutiges durchleuchten lassen des weißen Malgrundes, oder einer weißen Untermalung, oder herstellen feinster Farbübergänge durch Lasuren, bleibt der Ölfarbe vorbehalten. Die Akrylfarbfilme zeigen an der Oberfläche ein plastikartikes aussehen; werden sie lackiert (gefirnisst), sehen sie wie moderne hochglänzende Kunststoffoberflächen aus. Das kann für die jeweilige künstlerische Absicht hervorragend geeignet sein. Aber damit können nicht natürlich wirkende trockenen Steine, glänzende Seidenstoffe, zarte Blumen, strahlend-feuchte Augen oder luftige Wolken gemalt werden.

Leinöl und Alkydharze

Entgegen landläufiger Meinung ist die Ölmalerei die technisch einfachste Maltechnik überhaupt. Sie ist das einfach-beste Mittel zur naturwahren Darstellung, daher hat sie sich seit der Renaissance überall durchgesetzt. Gerade wegen der langen Offenzeit ist es so einfach, mit Ölfarbe treffende Farbtöne zu finden.

Die klassische Leinöl ist immer noch die Grundlage aller modernen Ölmalerei: Als exkakt definiertes Lackleinöl n. DIN EN ISO 150 ist es das Bindemittel aller guten Ölfarben. Häufig sind meist moderne Kunstharze den Farben beigemischt, um ihnen günstige Trocknungseigenschaften bei unterschiedlichsten Pigmentierungen zu verleihen. Die dazu am häufigsten verwendeten Alkydharze sind wieder aus Leinöl hergestellt. Moderne Ölmalerei ist damit eigentlich als Öl-Harzmalerei zu bezeichnen.

OUDT HOLLANDSE stellt (teure, aber) sehr gute Einpigment-Ölfarben ausschließlich mit Leinöl als Bindemitte her.

Lösemittel und Leinöltrocknung

Der Farbschönheit der Ölmalerei mit ihrer seidigen, weichen Anmutung stehen Nachteile entgegen. Empfindliche KünstlerInnen vertragen den Lösungsmittelgeruch vielleicht nicht. Alternativen zum klassischen Terpentinöl, wie Zitronen- und Orangenschalenöl oder aromatenfreie Benzine wie Shellsol-T, können vielleicht Abhilfe schaffen. Ansonsten hilft nur gutes Lüften der Arbeitsräume. Vor- und Nachteil zugleich ist die chemische Trocknung der Ölfarbe. Das Bindemittel wird durch Aufnahme von Luftsauerstoff oxidiert. Das hat zur folge, daß sich pastose Farbaufträge spürbar ausdehnen. Nach Jahrzehnten erst ist dieser Vorgang vollständig abgeschlossen. Dann sind die Farbfilme vollständig ausgehärtet, aber unelastisch. Die Spätsprungbildung setzt ein, die bei so vielen alten Ölgemälden zu sehen ist. Wer nicht für die Ewigkeit malt, kann das getrost ignorieren. Aber die bekannte Fett-auf-Mager-Regel ist in der Schichten-Ölmalerei unbedingt einzuhalten. Abmagern der Ölfarben durch einreiben trockener Pigmente, sparsame Verwendung von ölhaltigen Malmitteln oder Ölabsaugung, in dem die Ölfarbe vor dem vermalen auf saugfähiges Papier aufgesetzt wird, fördert den langfristigen Erhalt des Ölfarbfilms und wirkt der Frühsprungbildung entgegen.

Schichtenmalerei

Schichtenmalerei wird aus den selben Gründen am besten mit mageren Tempera-Untermalungen ausgeführt. Geübte MalerInnen können mit Tempera und Öl in wechselnden Schichten Farbwirkungen erzielen, die über jede Akrylmalerei, über jede andere mögliche Oberflächentechnik hinausgehen. Brillante Farbtiefe, exorbitante Tonwertumfänge, räumliche Farbwirkung, allerfeinste Valeurs, indirekte Streiflichter, stumpfes Reflexlicht, staubige Atmossphäre, mattblaues, trocken wirkendes Himmelsblau – all das haben uns die alten Meister mit Tempera und Öl, einer handvoll Pigmente und etwas Leinentuch vorgemacht, mit selbstgemachten Pinseln und wenigem anderem Werkzeug. Sie hatten uns heute malenden voraus, daß sie ihr eigentliches primitives Material vollständig verstanden und den Umgang damit souverän beherrschten.

Praktische Erfahrungen

Am besten malt es sich mit hochwertigen Farben und Bindemitteln auf guten Malgründen. Zeichnungen auf transparentem Papier, in Tusche oder Graphit , eignen sich sehr gut für die vorbereitende Projektionsarbeit. Diese übertrage ich mittels althergebrachter Quadratnetzprojektion auf die Leinwand.

Eine gute Darstellung von Projektionsmethoden alter Meister hat Hockney in einem lehrreichen Buch beschrieben:
Geheimes Wissen, David Hockney, München 2001 u. 2006, Darmstadt 2023

Für Untermalungen und Weißhöhungen verwende ich gerne magere Öltempera, in den Decklagen Ölweiß. Akrylfarben eignen sich nur in dünnsten Lagen für Untermalungen, die in Öl fertig gestellt werden. Als Schlußüberzug nehme ich gerne Bienenwachs, seltener benzinlöslichen Akrylatfirnis. Bienenwachs lässt sich selber in Terpentinöl lösen und hauchdünn mit einem Tuch auftragen. Nach dem trocknen lässt es sich mit einer weichen Bürste sehr schön seidenglänzend polieren. Rezente oder synthetische Harze (z. B. Dammar oder Regalrez®) eignen sich am besten für glänzende Schlussfirnisse. Mattierende Firniszusätze wirken auf die Farbbrillianz stets leicht trübend.

Die kombinierte alla-prima-Ölmalerei auf sorgfältiger Zeichnung und Tempera-Untermalung folgt ausschließlich rationalen Erwägungen. Sie ist das Ergebnis der Jahrhunderte währenden Entwicklung seit Jan van Eyck, wobei technische Neuerungen, wie etwa optische Projektionsspiegel, die Camera obscura oder chemisch ausgefällte Farben, zu allen Zeiten selbstverständlich benutzt wurden. Es kommt allein auf das Ergebnis an.

Eine allgemeine Übersicht über Maltechniken finden Sie hier. Die Schriften von Doerner und Wehlte enthalten viele brauchbare Hinweise für die fachgerechte Anwendung von Ölfarben:

Malmaterial und seine Verwendung im Bilde, Max Doerner, 1922
Werkstoffe und Techniken der Malerei, Kurt Wehlte, Ravensburg, 1974/1977 u. 1981

Entsorgung

Die fachliche Entsorgung von Farbresten ist nicht unproblematisch, sowohl von akrl als auch Ölfarben. Farbpigmente wie Zinkoxid, Kadmium und Chrom(III)-oxid sind gefährliche Umweltgifte, die in der Natur nur langsam abgebaut werden. Am besten gibt man jegliche Farbreste auf den Gefahrstoff-Sammelstellen ab.

Grundsätzlich gehören Farbreste nicht in die Kanalisation. Beim Pinselwaschen Pinsel zuerst sauber ausmalen, dann im jeweiligen Lösungsmittel in einem Glas ausspülen und nur zum Auswaschen mit Kernseife das Waschbecken benutzen. Farbschlamm, der sich in den Ausspülgläsern sammelt, absetzen lassen. Darüber abstehendes Lösungsmittel kann abgegossen und weiterverwendet werden. Eingetrocknete Farbreste in den Spülgläsern können ggf. in kleineren Mengen im Glas verbleiben und mit diesem Entsorgt werden (Glas-Recycling-Anlagen und Müllverbrennungsanlagen sind heute mit Abgasreinigungsanlagen ausgestattet). Trockene Lappen und Papiere mit Farbresten können ggf. in kleineren Mengen zur Müllverbrennung gegeben werden. Besser aber man sammelt alle mit Farbe belasteten Abfälle und bringt sie zur Gefahrstoffsammelstelle.

Fachgeschäfte des Farbenhandels erkennt man daran, daß sie den Anwendern vollständige Informationen zu den Werkstoffen mitgeben. Ein herausragend gutes Beispiel finden Sie hier.