Atelier, Maltechnik: Glaspalette, Reibeplatte und Glasläufer.

Maltechnik ist (wie alle handwerklichen Techniken) serielle Anwendung normativer Verfahrensregeln. Behauptungen zu mystischen Geheimnissen in der Malerei, über rätselhafte Farben aus dem Orient, alchimistisch aufbereiteter Essenzen, notwendiger, heute leider nicht mehr zu erlangender Weihen etc. pp, sind Unsinn.

Atelier, Maltechnik: Glaspalette, Glas-Reibeplatte, Glasläufer
Eine Glasplatte und ein Glasläufer ist ein praktisches Werkzeug: zum Farben mischen, schnellen Anreiben hochwertiger Pigmente, die man nur in geringen Mengen braucht, oder zum abmagern zu fetter Tubenölfarbe durch einreiben trockener Pigmente.

Heute wird Akrylfarbe in weiten Bereichen der Kunst eingesetzt. Ihr werden viele Vorteile zugebilligt. Aber ganz emissionsfrei, wie die Verwendung von Wasser als Verdünnungsmittel evoziert, ist sie nicht; der bekannte Ammoniakgeruch trocknender Akrylfarbe beweist das Gegenteil. Auch moderne Pigmente vermögen der Akrylfarbe nicht die Farbbrillianz zu geben, wie sie Ölfarben aufweisen. Die schnelle Trocknung, von vielen als Vorteil gesehen, erlaubt nicht die feinsten Abstufungen in den Farbmischungen, wie sie für subtile Farbgebungen wünschenswert sind. Durch viele Lasuren wird die Akrylfarbe stumpf; ein direktes malen pastoser Schichten ist möglich, aber ein anmutiges durchleuchten lassen des weißen Malgrundes, oder einer weißen Untermalung, bleibt der Ölfarbe vorbehalten. Die Akrylfarbfilme zeigen an der Oberfläche ein plastikartikes aussehen; werden sie lackiert (gefirnisst), sehen sie wie moderne hochglänzende Kunststoffoberflächen aus. Damit können nicht natürlich wirkende trockenen Steine, seideglänzende Stoffe, zarte Blumen, strahlende Augen oder luftige Wolken gemalt werden.

Entgegen landläufiger Meinung ist die Ölmalerei die technisch einfachste Maltechnik überhaupt. Sie ist das einfach-beste Mittel zur naturwahren Darstellung, daher hat sie sich seit der Renaissance überall durchgesetzt.

Am besten malt es sich mit hochwertigen Farben und Bindemitteln auf guten Malgründen. Zeichnungen auf transparentem Papier, in Tusche oder Graphit , eignen sich sehr gut für die vorbereitende Projektionsarbeit. Diese übertrage ich mittels althergebrachter Quadratnetzprojektion auf die Leinwand.

Eine gute Darstellung von Projektionsmethoden alter Meister hat Hockney in einem lehrreichen Buch beschrieben:
Geheimes Wissen, David Hockney, München 2001 u. 2006, Darmstadt 2023

Für Untermalungen und Weißhöhungen verwende ich gerne magere Öltempera, in den Decklagen Ölweiß. Akrylfarben eignen sich nur in dünnsten Lagen für Untermalungen, die in Öl fertig gestellt werden. Als Schlußüberzug nehme ich gerne Bienenwachs, seltener benzinlöslichen Akrylatfirnis. Rezente oder synthetische Harze eignen sich am besten für glänzende Schlussfirnisse. Mattierende Firniszusätze wirken auf die Farbbrillianz trübend.

Die kombinierte alla-prima-Ölmalerei auf sorgfältiger Zeichnung und Tempera-Untermalung folgt ausschließlich rationalen Erwägungen. Sie ist das Ergebnis der Jahrhunderte währenden Entwicklung seit Jan van Eyck, wobei technische Neuerungen, wie etwa optische Projektionsspiegel, die Camera obscura oder chemisch ausgefällte Farben, zu allen Zeiten selbstverständlich benutzt wurden. Es kommt allein auf das Ergebnis an.

Eine allgemeine Übersicht über Maltechniken finden Sie hier. Die Schriften von Doerner und Wehlte enthalten viele brauchbare Hinweise für die fachgerechte Anwendung von Ölfarben:

Malmaterial und seine Verwendung im Bilde, Max Doerner, 1922
Werkstoffe und Techniken der Malerei, Kurt Wehlte, Ravensburg, 1974/1977 u. 1981