Künstler und Kritikus, Breughel, 1568

Künstler, die ihre Werke über den Kunsthandel verkaufen, haben zwangsläufig mit Kommissionsverträgen zu tun. Um mit Kommissionen umzugehen, rechtssichere Verträge abzuschließen und Streit zu vermeiden, müssen Kommittenten und Kommissionäre das Kommissionsrecht verstehen.

Kaum ein Händler kauft heute noch Werke zeitgenössischer Künstler an, um sie mit einem Handelsaufschlag weiter zu verkaufen. Die Gründe hierfür liegen in der großen Menge an Gegenwartskunst und dem Käuferverhalten: Kunsthändler und Galerien müssen heute ein breites Angebot führen, um möglichst vielen potentiellen Kunden ein Angebot unterbreiten zu können; die heutigen Käufer haben anspruchsvolle Vorstellungen und können aus einer Vielzahl von Möglichkeiten auswählen, seit Reproduktionen (wie etwa digitale Kunstdrucke, auf jedem erdenklichen Bildträger) und Kunsthandwerkliches salonfähig geworden sind. Auf der anderen Seite stehen die zum Teil erheblichen Kosten für die Geschäftsbetriebe, v. a. durch die Mietkosten für Geschäftsräume in den Innenstädten.

Das unbekannte Kommissionsrecht

Allgemein glaubt man aus Erfahrung zu wissen, wie das mit den Kommissionen geht: man bringt die Werke zum Händler, einigt sich auf eine Auswahl, auf Verkaufspreise und die Provision und rechnet dann ab, wenn ein Bild oder eine Skulptur verkauft wurde, oder vierteljährlich oder auch nach dem Ende einer auf diese Weise organisierten Ausstellung. Kaum jemand kennt aber die Einzelheiten des Kommissionsgeschäftes, die gesetzlichen Vorschriften und die merkwürdigen Besonderheiten einzelner Regelungen daraus. Das Kommissionsgeschäft ist ausführlich im Handelsgesetzbuch erläutert (§§ 383 – 406 HGB).

Kommissionär, Kommittent, Kaufmann

Die Kunsthandlung (der Kunsthändler) oder die Galerie ist der Kommissionär; steht der Kunsthändler mit seiner Firma nicht im Handelsregister (§ 1 u. 2 HGB), gelten dennoch die Vorschriften des Handelsgesetzbuches, die damit notwendig auch immer für den Kommittent – den Künstler – und für jeden Kommissionsvertrag zwischen diesen gelten (§ 383 Abs. 1 HGB) – sie sind beide im Kommissionsgeschäft Kaufleute (§ 383 Abs. 2 HGB). Kunstwerke, die der Künstler dem Kunsthändler in Kommission gibt, sind das „Kommissionsgut“ im Gesetz.

Verkauf auf Rechnung des Kommittenten

Wohl verkauft der Kunsthändler Kunstwerke aus Kommission in seinem Namen und stellt dem Kunden eine Rechnung auf seinem Geschäftspapier aus; dennoch erfolgt der Verkauf auf Rechnung des Künstlers, also gerade so, als ob der Künstler selbst sein Kunstwerk verkauft. Dies ist der entscheidende Unterschied zu dem üblichen gewerblichen Handel, den die Kunsthandlung sonst betreibt (zum Beispiel An- und Verkauf von Kunstwerken, Verkauf von Kunstbildbänden, Anfertigung oder Handel mit Rahmen usw.). Der Kunsthändler ist im Kommissionsgeschäft nicht Händler, sondern Vermittler von Gegenwartskunst (§ 383 Abs. 1 HGB, dritter Halbsatz); er erfüllt einen Geschäftsbesorgungsauftrag, für den er dem Künstler Rechenschaft schuldet und an dessen Weisungen gebunden ist (§ 384 HGB). Der Kunsthändler-Kommissionär erhält für seine Tätigkeit eine Provision, er erzielt keinen Handelsgewinn.

Umsatzsteuer im Kommissionsgeschäft mit Kunst

Dies hat u. a. zur Folge, dass die neue Umsatzsteuerregelung im Kunsthandel für diese Verkäufe aus Kommissionen, die ein Künstler aus seinem eigenen, neuerschaffenen Werk (der Gegenwartskunst also) zum Erstverkauf einliefert, nicht gelten kann:

Siehe im Beitrag Umsatzsteuer im Kunsthandel, Zitat aus § 12 Abs. 2 Satz 13 b u. bb UStG

Der Künstler kann folglich vom Galeristen verlangen, dass sein Werk zum verminderten Mehrwertsteuersatz (derzeit 7 %) – und damit erheblich preisgünstiger – verkauft wird. Dieser Umstand wird vielfach widersprüchlich diskutiert, ergibt sich aber eindeutig aus der gesetzlichen Regelung zum verminderten Mehrwertsteuersatz, mit dem ja die Neuschöpfungen der Gegenwartskunst gefördert werden sollen.

Im Beitrag Umsatzsteuer im Kunsthandel ist auch der Weg beschrieben, wie Künstler und Galerie auf Nettoprovisionsbasis abrechnen können, um zweifelnde Finanzämter zu beruhigen.

Pflichten des Kommissionärs

Wie die meisten gesetzlichen Vorschriften, handelt auch das Kommissionsrecht vor allem von Pflichten; auch und gerade von denen, die als selbstverständlich vorausgesetzt werden dürfen. Ein Kunsthandelskommissionär „ist verpflichtet, das übernommene Geschäft mit der Sorgfalt eines ordentlichen Kaufmanns auszuführen; er hat hierbei das Interesse des Kommittenten wahrzunehmen und dessen Weisungen zu befolgen“ (§ 384 Abs. 1 HGB). Das bedeutet, dass der Kunsthändler den Verkauf aus Kommission in der selben Weise zu betreiben hat, wie wenn er Kunstwerke aus seinem Eigentum, für das er das persönliche Risiko trägt, verkauft. Insbesondere müssen Werke aus einer Kommission aktiv angeboten, sichtbar präsentiert und im handelsüblichen Rahmen auch beworben beworben werden. Der Kunsthändler haftet dem Künstler für die Ausführung des Geschäftes z. B. wenn der Kunsthändler ein Kunstwerk aus Kommission auf Kredit verkauft; holt er sich vorher die Genehmigung des Künstlers ein, muss er dem Künstler die Anschrift des Käufers nennen (§ 384 Abs. 3 HGB); damit kann der Künstler sein Eigentumsrecht an seinem Werk gegenüber einem säumigen Endkunden auch selbst geltend machen, allerdings erst nach dem der Kunsthändler seine Forderung an den Endkunden an den Künstler abgetreten hat (§ 392 HGB). Verstößt der Kunsthändler gegen Weisungen des Künstlers, in dem er ewta in unzulässiger Weise vom Preis abweicht, Teile einer Werkgruppe einzeln verkauft u. ä., ist er dem Künstler zum Schadensersatz verpflichtet, der Künstler kann die Ausführung des Geschäftes rückgängig machen (385 Abs. 1 HGB); aber: Verkauft der Kunsthändler billiger als vereinbart, muss der Künstler auf dessen unverzügliche Information sofort erklären, ob er das Geschäft ablehnen will oder nicht; sonst gilt die Abweichung als genehmigt (§ 386 Abs. 1 HGB). Damit soll eine zeitnahe Abwicklung eines sich anbahnenden Geschäftes sicher gestellt werden. Bietet der Kunsthändler an, dem Künstler den Preisunterschied zu erstatten, muss der Künstler das akzeptieren (§ 386 Abs. 2 HGB); in jedem Fall aber muss der Kunsthändler den Künstler über Preisänderungen beim Verkauf informieren. Das ist wesentlicher Bestandteil der Rechenschaftspflichten des Kunsthändlers wie dem Weisungsrecht des Künstlers. Im Kommissionsvertrag, bei Einlieferung der Kunstwerke, müssen daher detaillierte Vereinbarungen zu den Preisen, der Kommissionslaufzeit und einem ggf. abweichenden Kündigungsrecht getroffen werden, um jeden möglich Streit von vorne herein zu vermeiden.

Zu der Frage der Wahrnehmung des Eigentumsrechtes des Künstlers gegenüber dem Käufer (§ 384 Abs. 3 HGB) finden Sie ausführliche Informationen im Beitrag Kann der Künstler vom Kunsthändler die Nennung des Käufers verlangen?

Einlieferung der Kommission

Vor der Ausstellungseröffnung und dem Verkauf liegt die Übergabe der Kunstwerke an den Kunsthändler. Wie sonst auch geht die Gefahr beim Versand der Kunstwerke in dem Moment auf den Kunsthändler über, wenn der Künstler die Kommission dem Frachtführer übergibt (vergl. § 447 BGB); stellt der Kunsthändler Schäden an der Kommissionslieferung fest, muss er diese sofort beim Frachtführer rügen und den Künstler informieren (§ 388 Abs. 1 HGB). Liefert der Künstler seine Werke selbst ein, erfolgt der Gefahrenübergang im Moment der Übergabe; von da an ist der Kunsthändler dafür verantwortlich, dass die Kunstwerke mit der Sorgfalt ordentlicher Kaufleute verwahrt werden und haftet dem Künstler für Schäden an diesen (§ 390 Abs. 1 HGB). Jedoch: Der Kunsthändler ist nur dann zur Versicherung der Werke verpflichtet, wenn er vom Künstler dazu angewiesen wurde (§ 390 Abs. 2 HGB). Der Künstler bleibt weiterhin Eigentümer des Werkes, eine Übertragung des Eigentums an Dritte durch den Kunsthändler ist nichtig, wenn nicht der Kaufpreis in voller Höhe entrichtet ist. In den Kommissionsverträgen zwischen Künstlern und Kunsthändlern (wenn nicht gerade beide mit ihren Firmen im Handelsregister stehen, also Vollkaufleute nach §§ 1 – 7 HGB sind) wie in den Kaufverträgen des Kunsthändlers mit den Endkunden sollte daher immer der Eigentumsübergang von vollständiger Zahlung abhängig gemacht sein:

Das Eigentum bleibt bis zur vollständigen Erfüllung vorbehalten.

§449 BGB

Abrechnung und Auszahlung

Bei einem Verkauf aus Kommission muss der Kunsthändler im Rahmen seiner Rechenschaftspflichten den Künstler unverzüglich benachrichtigen (§ 384 Abs. 2 HGB) und ist verpflichtet, den Verkaufserlös in voller Höhe an den Künstler auszuzahlen, auch wenn er zu einem höheren Preis verkauft, als vereinbart war (§ 387 HGB). Diese Regelung ist häufig den Kommissionären nicht bekannt. Vom Moment des Verkaufs, ab Ausstellung der Rechnung an den Endkunden, schuldet der Kunsthändler dem Künstler den vollen Verkaufserlös, und der Künstler dem Kunsthändler die vereinbarte Provision (§ 396 Abs. 1 HGB) und eventuelle weitere Kosten – sofern diese nicht mit der vereinbarten Provision, wie handelsüblich, abgegolten sind (§ 396 Abs. 2 HGB). In der Praxis wird aber im Kontokorrentverfahren (§ 355 HGB) abgerechnet: der Kunsthändler behält seine Provision von der Zahlung an den Künstler ein. Über den Verkauf muss eigentlich der Kunsthändler unverzüglich dem Künstler Abrechnung mit allen gesetzlichen Bestandteilen erteilen (Firma, Anschrift, USt-ID-Nr. usw.), in der der Verkaufserlös mit 7 % Mehrwertsteuer, der Mehrwertsteuerbetrag, die Provision (als Betrag und Prozentsatz) und der resultierende Auszahlungsbetrag an den Künstler aufgeführt sind. In der Praxis erstellt aber meist der Künstler eine Rechnung mit diesen Angaben an den Kunsthändler; eine Zurückbehaltung der Auszahlung an den Künstler, weil dessen Rechnung noch nicht vorliegt oder weil der Kunsthändler auf Ziel verkaufte und der Endkunde noch nicht bezahlt hat, ist unzulässig (§ 393 Abs. 3 HGB).

Fälligkeit der Auszahlung beim Verkauf aus Kommission

Was von manchen Kommissionären (Kunsthandel) gerne übersehen wird:

Eine Rechnung ist für das schuldrechtliche Vertragsverhälnis nicht erforderlich. Wenn aus einem Kommissionsvertrag verkauft wird, ist unmittelbar nach dem Verkauf die Auszahlung fällig, unabhängig davon, ob eine Rechnung vorliegt, oder nachgereicht wird. Sätze wie „wir warten erstmal ihre Rechnung ab“ sind rechtlich unhaltbar. Es kommt bei der Fälligkeit der Schuld ausschließlich auf den Vertrag an. Das Kommissionsrecht regelt die Fälligkeit direkt beim Verkauf des Kommissionsgutes. Und der Mehrerlös beim Verkauf kommt dem Kommittenten (Künstler) zu. Formal ist der volle Verkaufserlös fällig. Zeitgleich entsteht dem Kommittenten (Künstler) die schuldrechtliche Verpflichtung zur Provisionszahlung, weshalb in der Praxis gerne das Kontokorrentverfahren angewendet wird.

Selbsteintritt des Kunsthändlers

Selbsteintritt liegt vor, wenn der Kunsthändler das Werk ankauft, in dem er den Selbsteintritt erklärt (oder auch nicht: § 405 Abs. 1 HGB) und den festgesetzten Verkaufspreis entrichtet (§ 403 HGB); sein Pfandrecht bleibt davon unberührt (§ 404 HGB). Mit der vollständigen Zahlung ist der Kunsthändler Eigentümer des Werks (selbstverständlich ohne das die Urheberrechte des Künstlers an seinem Werk berührt werden). Verkauft der Kunsthändler dieses Werk weiter, unterliegt dieser gewerbliche Handelsverkauf dann der neuen Umsatzsteuerregelung: folglich muss im gewerblichen Kunsthandel der volle Mehrwertsteuersatz berechnet werden.

Rückgabe aus Kommission

Ist die Rückgabe nicht verkaufte Werke vereinbart oder ist der Kommissionsvertrag zeitlich befristet oder von einer der beiden Parteien gekündigt, sind die Werke vom Kunsthändler an den Künstler zurückzugeben. Je nach Vereinbarung werden die Werke in der Originalverpackung auf dem Frachtweg zurückgesandt, auf dem sie geliefert wurden, oder der Kunsthändler bringt sie selbst zurück bzw. der Künstler holt sie ab; holt der Künstler nicht ab und gerät hierüber in Rücknahmeverzug, könnte der Kunsthändler die Werke am Ende öffentlich versteigern lassen, um seine Kosten (f. d. Lagerhaltung u. ä.) zu decken (§ 389 HGB); ein Überschuss wäre an den Künstler auszuzahlen. An den in Kommission gegebenen Werken hat der Kunsthändler ein Pfandrecht (§§ 397 – 399 HGB) für seine Forderungen an den Künstler (ggf. aus Provisionen, Vorschüssen oder Lagerkosten u. ä.).

In der Praxis: Einfache Regelungen

Das vorstehende sieht komplizierter aus, als es in der Praxis zu handhaben ist. Zum einen sind umfangreiche Kommissionsvertragsformulare, die von beiden Vertragsparteien in einer Urkunde unterschrieben werden, nicht notwendig. Es genügt der übliche kaufmännische Schriftverkehr, um einen Kommissionsvertrag abzuschließen, auch wenn der Künstler (Kommittent) und / oder der Kunsthändler (Kommissionär) sog. „Minderkaufleute“ sind, also nicht im Handelsregister stehen (s. o.) Zum Kommissionsgeschäft steht hier ein Vorlagensatz mit detaillierter Beschreibung zur Verfügung. Dem Kommissionsangebot und der Annahmeerklärung des Kunsthändlers (Kommissionär) erfolgt die Kommissionslieferung mit einem entsprechenden Lieferschein; beim Verkauf sollte einzeln oder in regelmäßigen Zeittakten abgerechnet werden und jeweils eine einzelne Rechnung erstellt werden, vorzugsweise vom Künstler (siehe oben). Sind in der Kommissionslaufzeit Änderungen, etwa an der Preisgestaltung oder anderen Bedingungen notwendig, genügt der Austausch von entsprechenden Geschäftsbriefen (bzw. Geschäfts-E-Mails, das bleibt gleich, so lange die Zustellung der E-Mail gesichert ist, zum Beispiel durch Anforderung einer Lesebestätigung).

Monströse AGB

Weit verbreitet seit Einführung von Reklameseiten und Verkaufsplattformen im Internet sind teils kafkaesk-umfangreiche Geschäftsbedingungen, die dem Credo folgen, nach dem viel auch viel hilft. AGB sind (im ggs. z. B. zum Impressum) keine Pflichtangaben. Unsinnige Scheinregulierungen erschweren nur die Zusammenarbeit und sind wenig vertrauenserweckend. Eigentlich sind keine oder nur sehr wenige Regelungen erforderlich (wie der Eigentumsvorbehalt, siehe oben), die leicht auf eine halbe DIN-A4-Seite passen, da ja das bürgerliche Gesetzbuch und das Handelsgesetzbuch alles übrige regeln. Bei einem Streit vor Gericht wird der Richter die gesetzlichen Regelungen den Kontrahenten vorhalten; entsprachen die AGB den gesetzlichen Regeln, sind sie überflüssig, weichen sie in unzulässiger Weise davon ab, sind sie nichtig. Nicht selten werden Spitzfindigkeiten zwischen dem Überflüssigen versteckt (eine sehr weit verbreitete Unsitte), um den Vertragspartner zu Übervorteilen, lässt sich doch ebenso häufig dessen eigentlich unbegründete Furcht vor einer gerichtlichen Klärung ausnutzen.

Es genügt für das Kommissionsgeschäft zwischen Künstler und Kunsthändler ein einfacher Hinweis auf das Handelsgesetzbuch:

„Für Ausstellungen gelten die Vorschriften zur Kommission (§§ 383 – 406 HGB)“. 

Das klärt alles und gibt beiden Vertragspartnern Sicherheit. Für den Künstler wäre noch ein Satz einzufügen, der den Kunsthändler zur Versicherung seiner Werke anweist (siehe oben), sofern er dieses nicht im Kommissionsangebot und -lieferschein unterbringen will.

Formulare für Kommissionsabwicklungen

Es ist ein Formularsatz (im Open Document-Format für alle gängigen Office-Programme einsatzfähig) verfügbar, den Interessierte herunterladen und leicht mit Ihren Geschäftsangaben versehen und beliebig verwenden können. Der Formularsatz ist mit einer ausführlichen Beschreibung versehen:

Siehe Artikel Kommissionsvorlagen für den Kunsthandel. Weitere Informationen zum Kommissionsverkauf finden Sie auf Wikipedia.